Die Indianerin findet jeden Weg

Nach 12.000 km in 12 Monaten auf der Indianerin kann ich wohl mal ein "Langzeittest-Fazit" ziehen. 

Im August 2016 habe ich das gute Stück bei der Bikeschmiede Süd in Esslingen abgeholt. Meine Scout Sixty ist eine der ersten Sixties, die es in Deutschland gab - aus der ersten Serie. Bei so Frischlingen geht man immer mit ein wenig Bauchweh an die Sache, denn wer kennt schon die Kinderkrankheiten? Aber das war mir egal. Ich hatte mich seit 2015 in die Scout verguckt.

An meiner Scout wurden vor Abholung noch ein paar Kleinigkeiten verändert: Die originale Auspuffanlage wurde gegen eine Jekill & Hyde Anlage getauscht und die Hitzebleche an den Krümmern schwarz matt gepulvert. Mein Schneevogel hat noch Euro 3 - was also den Austausch der röhrenden Rohre enorm vereinfacht hat :-)

Moni Scout Esslingen

Kleine Indianerin? Sicher nicht.

Ich komme ja von einer 20 Jahre alten Suzuki Intruder 1400. Da ist alles, was "neu" ist schon mal "ungewöhnlich" und vor allem laufruhig. Die Sixty unterscheidet sich lediglich in wenigen Punkten von ihrer "großen" Schwester: Weniger Hubraum (genau genommen 131 ccm) und weniger Chrom am Motorblock. Allerdings fällt der geringere Hubraum und damit etwas weniger Drehmoment im Solobetrieb nicht ins Gewicht. Die kleine Indianerin hat zur großen 9 Nm weniger. Das macht Kohl also nicht fett. Die 79 PS zu 102 PS finde ich nicht erwähnenswert, denn niemand fährt die Kisten im Normalbetrieb längere Zeit über 160 km/h. Man muss den wassergekühlten V2 schon mögen - so wie er sich modern und stylish in den Rahmen einfügt. Er lädt immer wieder gern zu Diskussionen ein ...

Schuhwerk, Körpermaße und Körpermasse

Die Sixty hat einen enorm tiefen Schwerpunkt und der Popo schwebt lediglich 64,3 cm über dem Asphalt. Damit können auch kleine Menschen in den Genuss eines Eisenhaufens kommen. Der Lenker kommt dem Fahrer entgegen und ist mit 88 cm Breite schon ganz ordentlich. Für Damenhände sind die Griffe alle Mal tauglich. Einzig die Kupplung ist unangenehm streng und verleidet einem das Stadtfahren doch etwas. 

Das Schuhwerk der Indianerin ist vorne mit 130/ 90/16-72H recht breit (also 130 mm breit, 90 mm hoch, 16" Durchmesser). Damit bekommt man etwas mehr Unebenheiten an die Steuereinheit weitergeleitet, was ich anfänglich in den Kurven nicht gewohnt war (Susi hatte einen schmalen Fuß mit 110/90/19). Hinten kommt die Sixty mit 160 mm auf einer 16" Felge daher. Die Gussfelgen in schwarz gefallen mir gut und runden das Gesamtkonzept der Scout schön ab. Sprechen wir über Körpermaße, kommt die Scout auf einen Radstand von kompakten 156,2 cm und einem Gewicht von vollgetankten 256 kg. Allerdings kann in Serienausstattung nur eine Person mit der Indianerin neue Wege erkunden. Schräge Typen kommen mit einem Schräglagenwinkel von 33° auch auf ihre Kosten.

Indian Scout

Schwachpunkt an der Sixty der ersten Generation ist der riesige Wendekreis und somit der geringe Einschlagwinkel des Lenkers. Ich komme mir manchmal vor, als hätte ich einen 40-Tonner zu wenden, wenn wir mal unsere Streckenwahl überdenken müssen ;-)

Gemeinsam unterwegs

Es war für mich am Anfang ein riesen Unterschied, dieses kleine wendige Gefährt über die Straßen und Kurven der Alb zu treiben. Besonders engere Kurven wie am Randecker Maar oder Wiesensteig rauf haben mir oft mit Susi den Puls nach oben getrieben, wenn Gegenverkehr in Sicht kam. Eine Intruder möchte davon überzeugt werden, den gemütlichen Geradeauslauf für eine Kurve zu unterbrechen.

Heiße Kurven

Die Scout lässt sich problem- und mühelos um enge Kurven und Kehren zirkeln - egal, ob nun langsam oder schneller in Angriff genommen. Durch den breiten Reifen vorne neigt sie beim Bremsen in der Kurve zum stärkeren Aufstellen. Einmal dran gewöhnt, weiß man, dass man dagegen drücken muss oder einfach hinten bremsen ;-). Apropos Bremsen: Sie tun ordentlich, wozu sie gemacht sind. Das ABS ist in Deutschland serienmäßig und funktioniert gut. Frau darf jedoch gerne beherzt in die Bremse greifen und nicht zimperlich sein. Mich stört ein wenig, dass die Hemmvorrichtung etwas lärmt - besonders, wenn man mal in den Regen gerät. 

Spaß auf dem Pfad

Mit der Indianerin kann man richtig Spaß haben und flott auf den meisten Pfaden unterwegs sein. Der Motor enfaltet mit einem Dreh sein Drehmoment, so dass ich mich öfter dabei erwische, auf der Suche nach einer langsameren Blechdose vor mir zu sein, um ordentlich den rechten Griff nach hinten drehen zu können. Mit einem kleinen Hüftschwung lässt sich die Indianerin dann willig an der Dose vorbeischlenzen. Und wenn gerade kein Blechdose zum Überholen in Sicht ist, beschleunigt man eben wunderbar aus den Kurven heraus.
Da ich ein Fan von unverfälschten Motorrädern bin, gibt es an meiner Scout weder Windshield noch sonst irgendwelche Anbauteile. Deshalb ist auf der Autobahn für mich bei ~120 km/h Schluss, es sei denn, ich muss mal schnell überholen. Bis 160 km/h zieht die Kleine auch ganz gut durch - mehr habe ich nicht ausprobiert. Das Original-Kenda-Schuhwerk habe ich nach 4.000 km gegen Metzeler Marathon Ultra 888 tauschen lassen.
Die in vielen Testberichten bemägelte Federung kann ich so nicht ganz bestätigen. Leider sind die Federn immer auf Menschen mit mindesten 75 kg Körpergewicht abgestimmt (auch bei Aftermarket-Anbietern). Das heißt im Klartext: Wenn ich meine Scout hinten mit Urlaubszeug bepacke, liegt sie viel satter auf der Straße. In Leder gpackt habe ich irgendwas mit knapp über 60 kg und das merkt Frau an der Federung, dass sie etwas unruhiger auf holprigen Pfaden unterwegs ist.

Die Sixty will gerne flott neue Pfade erkunden. Da mache ich doch ohne Diskussion glatt mit.

Indian Scout

Besuche beim Freundlichen

Zur Kontrolle muss man Anfang recht häufig: 800 km - 4.000 km - 8.000 km. Nun gut, "häufig" ist relativ. Ich bin nun mal viel unterwegs, fahre oft mit der kleinen Weißen ins Büro, was schon allein täglich 60 km ausmacht. In diesem Jahr war ich zwei Mal in Esslingen zum 4 und 8tausender-Check. Mit Reifenwechsel haben die beiden Besuche mit rund 1.100 € zu Buche geschlagen. Beim 4tausender ist der Fühler für die Reservetankanzeige anstandslos getauscht worden (ich bin anfangs mal irgendwo mit leerem Tank und 273 km auf dem Tageskilometerzähler stehen geblieben ... eins meiner einfachsten Übungen). Jetzt stehen also nur noch 8.000 km Intervalle an. Macht dann also ~ 350 € / Jahr, wenn nicht noch anderes wie TÜV oder Reifenwechsel dazu kommt.

Sonst gibt es überhaupt nichts zu beklagen. Trotz, dass ich ein Erstserienmotorrad habe, ist sie technisch einwandfrei. Begeisterung pur.

Unendliche Pfade

Die Scout Sixty eignet sich auch ohne Windshield, Packtaschen oder anderen Anbauteilen bestens für weitere Strecken. Man muss nur wollen und etwas einfallsreich sein ;-) So waren wir in diesem Jahr im Bregenzerwald, Silvretta und im Bayerischen Wald mit vielen Touren. Und es werden noch so einige Urlaube dazu kommen.

Immer ans Ziel

Die Scout Sixty zu kaufen war die beste Spontanentscheidung, die ich letzthin hatte. Dieses Motorrad zaubert mir bei jeder Fahrt ein Rundum-Grinsen ins Gesicht. Auch wenn ich schon mal morgens bei -3° C unterwegs bin. Das ist für mich Motorradfahren pur. Ich fühle mich absolut sicher in jeder Situation - auch wenn ich schon mal Puls kriege ;-) Das einzige Helferlein ist das ABS. Sonst nichts. Ich brauche kein Kurven-ABS, Traktionskontrolle, Kurvenlicht, Schaltassistenz oder anderen Firlefanz. Damit wiegt man sich viel zu häufig in Sicherheit, die keine ist.

Für mich die schönste Verbindung von klassischem Ami-Bike und Moderne.

Indian Scout

Technische Daten

mit ein paar Anmerkungen von mir in rot.

 

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