Motobit Tracking und Analyse
Setting:
Mein "Trackinghandy" (derzeit noch ein ausgedientes HUAWEI P20 Pro) ist vorne mit SP-Connect an der Lenkerklemmung befestigt. Ich navigiere mit Calimoto, die Motobit App läuft im Hintergrund. Für iOS wird diese App derzeit nicht angeboten.
Beim Fahren und Tracken gibt es den Kurvenassistenten. Der Kurvenassistent soll Tourenfahrern in unbekannten Gegenden helfen und Anfängern soll es helfen, Kurven besser anzufahren. Zudem warnt es vor Blitzern, es soll vor Wildwechsel, vor Fahrbahnschäden und -verschmutzungen, Behinderungen, natürlich gefährlichen Kurven und Kreuzungen warnen.
Kurvenassistent - Was ist das?
Der Kurvenassistent ist das Herzstück, der USP (unique selling proposition - Alleinstellungsmerkmal) dieser App. Der Kurvenassistent soll mich als MotorradfahrerIn davor warnen, wenn ich zu riskant/schnell auf eine Kurve zu fahre und somit die Kurve nicht kriegen könnte oder eventuell eine schlecht einsehbare Kreuzung. Die Warnung wird durch einen ständig lernenden Algorithmus gesteuert. Dazu muss man mindestens 200 km gefahren sein.
Ausgegeben wird die Warnung entweder durch ein schrilles akustisches Signal im Kommunikationssystem / Kopfhörer oder durch den Sentinel für zusätzlich 169,- Euro. Der Sentinel sieht aus wie eine Armbanduhr- ist aber keine. Man verbindet dieses Gadget via Bluetooth mit dem Handy. Es wird dann automatisch "gestartet", wenn man die App aufruft. Vibrieren ist das einzige, was dieses Gerät kann. Warum Motobit nicht auf die Vibrationsfunktion z.B. einer Smartwatch (die viele sowieso schon tragen) zugreift, wird damit erklärt, dass diese nicht stark genug vibrieren, um während der Fahrt wahrgenommen zu werden.
Kurvenassistent in der Praxis
Den Kurvenassistent habe ich bewusst in meinen Haus- und Hofrunden getestet. Ich wollte mich nicht von einer unbekannten Gegend ablenken lassen, um mich wirklich auf die Warnungen konzentrieren zu können.
- Wann wird gewarnt?
- Wie wird gewarnt?
- Was ändert sich, wenn ich auch mal langsamer als Guide vorneweg unterwegs bin?
Dinge, die man vergisst
Der Sentinel (auf Deutsch: WächterIn) gehörte bei mir zu den beliebten Dingen, die ich vor einer Tour gerne mal vergesse (neben Geldbeutel, Hausschlüssel, Visierputztüchern oder anderen Kleinigkeiten ;-) ). Da der Sentinel keine weitere Funktion hat, außer vibriereren, wanderte er bei mir schnell ins Land des Vergessens. Sollte ich doch mal dran gedacht haben, war er leer. Fazit für mich: Preis/Leistung passt irgendwie nicht. Er bietet keinen Zusatznutzen, wenn man gerade nicht Motorrad fährt. Also nimmt man ihn nach einer Tour ab und legt ihn irgendwo hin. Außerdem muss man auf das Ladekabel höllisch aufpassen, da es kein USB-C Ladekabel ist. Wer kennt es nicht? Ladekabel im Haus verhalten sich wie Socken in der Waschmaschine: Sie verschwinden nach kurzer Zeit ins Nirvana und werden nie wieder aufgefunden.
Praxis
Entsprechend meines löchrigen Hirns, habe ich auf die Warnung mittels Akustiksignals auf mein Cardo Freecom gesetzt. Das Cardo ist immer am Helm und wird von mir liebevoll behandelt. Der Ton für "riskante Kurven/Fahrweise vor Kurven" ist ein schrilles Piepen. Bei den ersten Touren habe ich mich ernsthaft erschrocken. Glücklicherweise bin ich mittlerweile so "abgebrüht", dass mich das nicht gleich während der Fahrt aus der Ruhe bringt. Währenddessen lernte der Algorithmus meinen Fahrstil kennen.
Der Algorithmus ist auf Dauer allerdings die Summe aus allen Fahrten und passt sich immer wieder an. Heißt konkret: Bin ich langsam unterwegs, piept's weniger bis gar nicht, logisch (z.B. wenn ich als Guide voraus fahre). Fahre ich anschließend alleine oder mit meinem Mann und bin entsprechend flott unterwegs, piepst's oft, dass es fast ins Nervige geht. Nach ein paar flotten Fahrten hat sich der Algorithmus dran gewöhnt und die Warnungen reduzieren sich. Fahre ich wieder einige Zeit langsamer & dann wieder flotter, geht das Gepiepe wieder los und er lernt wieder. Wie soll der Algorithmus auch wissen, wann ich mal als Guide vorne weg fahre und wann alleine? Es sollte dort möglich sein, mehrere Fahrprofile anzulegen und auszuwählen.
Gewarnt wird übrigens 3-5 Sekunden bevor man an der riskanten Kurve ist oder zu schnell heran fährt.
Kritik Kurvenassistent
Der Kurvenassistent wurde laut Motobit für Tourenfahrer, die in unbekanntem Terrain unterwegs sind und für Anfänger entwickelt.
Als erfahrene Tourenfahrerin habe ich es bisher nicht vermisst, dass ich ein paar Sekunden vor einer unbekannten Kurve gewarnt werde. Mein Anspruch ist, dass mein Popometer, meine Fahrskills, meine Erfahrung im Lesen der Kurven, des Straßenbelags und der Umwelt so geschult sind, dass ich mich auf so ein Gadget nicht verlassen muss. Motorradfahren ist ein ganzheitliches Erlebnis und Herausforderung für Körper und Geist.
Für AnfängerInnen würde ich dieses Gadget nicht empfehlen. Der Piepton ist schrill und erschreckt, was bei ungeübten FahrerInnen u. U. zu Fehlreaktionen führt, statt das Fahren sicherer zu machen.
Durch die Warnung lernt man keine ordentliche Kurvenlinie.
Der Sentinel hat keinen Mehrwert und ist dafür zu teuer.
Schräglagenmessung
Schräglage ist DAS Thema, das konstant durch die Motorradforen wabert. Mittlerweile gibt es einige Apps, die einem die Schräglage der gefahrenen Touren anzeigen. Auch Motobit lässt sich da nicht lumpen und zeigt einem die höchste Schräglage links wie rechts an. Mein Handy ist an der Lenkerklemmung montiert und die App hat mich mit Schräglagen von bis zu 39° überrascht. Überrascht deshalb, weil mein Motorrad technisch nur bis zu 30° Schräge kann, ohne danach mit irgendeinem Bauteil aufzusetzen. -> Fußraste. Da es allerdings nicht geschraddelt hat, nehme ich an, dass die 39° nicht stimmen.
Laut Motobit wird zur Berechnung auf die Sensoren im Handy zugegriffen und die genaueste Messung sollte bei Anbringung auf dem Tank stattfinden. Dabei soll es nur Abweichungen von 5° geben. Befestigung auf dem Tank funktioniert m.E. so lange gut, wenn man nicht mit Blick auf die Karte navigieren möchte. Die Messung der Schräglage berücksichtigt weder das Motorradmodell, noch Schwerpunkt oder Reifenbreite.
Die Zeitschrift Motorrad hat dazu einen sehr übersichtlichen Artikel zu den drei unterschiedlichen Schräglagen erstellt. Schlussendlich kann man zu jeder "Schräglagen-App" schreiben: Nett, aber ungenau und nimmt nur unnötig speicherplatz auf dem Handy ein.
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